Beratung in Organisationen: Auf die Entscheidung kommt es an
Oder: Wie ich lerne, Organisationsdynamik neu zu betrachten
„Freude am Denken hilft“ steht in der Beschreibung der Fortbildung „Organisation - was ist das?“ am Hephaistos Zentrum München. Das durfte ich in den letzten Tagen in vollem Umfang erfahren. Das Seminar, in dem in die Organisationsberatung auf Basis der Metatheorie der Veränderung eingeführt wird, ist mehr als anspruchsvoll – manchmal nachvollziehbar, manchmal verwirrend, aber auf jeden Fall augenöffnend.
Meine Kernerkenntnisse der drei Tage – wohlwissend, dass sie der Fülle und Komplexität des Themas, v.a. der theoretischen Grundlage dahinter, nicht gerecht werden:
- Organisationen bestehen aus Beziehungsmustern und Kommunikationsprozessen, nicht aus Menschen – auch wenn es diese in einer Organisation braucht, sonst kann es keine Beziehung, keine Interaktion, keine Kommunikation geben.
- Organisationen brauchen eine gemeinsame Orientierung fürs Handeln. Diese Gemeinsamkeit wird immer wieder ausgehandelt – mit anderen Worten: Es werden Entscheidungen getroffen.
- Wahre Entscheidungen erkennt man daran, dass sie kritisierbar sind und Widerspruch erzeugen – denn nur dann hat man wirklich eine Wahl zwischen gleichwertigen Alternativen getroffen und nicht einfach nur eine Lösung berechnet.
- Jede Entscheidung bringt auch unerwünschte Effekte und Nachteile mit sich (z.B. Kosten). Demnach sind Entscheidungen in Organisationen per se nicht konsensfähig. Sobald man aber eine Entscheidung getroffen hat, will man für diese Entscheidung Konsens finden, damit ein gemeinsames Handeln entstehen kann.
- Da wir in einer sehr komplexen Welt leben, gibt es für fast alles Alternativen und für jedes Problem mehr als eine Lösung. Das macht entscheiden in Organisationen so schwierig – es gibt kein richtig und falsch, es könnte immer auch anders sein. Daher eignen sich rein rationale Modelle immer weniger zur Problemlösung bzw. zur Bearbeitung von Interessen.
- Für die Beratung von komplexen Organisationen bedeutet dies also, dass „one size fits all“ Ansätze wenig Aussicht auf Erfolg haben – denn Entscheidungen betreffen immer die Zukunft (die immer offen und unbekannt ist) und können nicht einfach mit Rezepten der Vergangenheit hergeleitet werden (auch wenn Erfahrungen aus der Vergangenheit helfen). Gute Beratung ist kontextabhängig und berücksichtigt Sachdimension ("Was machen wir"), Sozialdimension ("Wer macht was") und Zeitdimension ("Wann machen wir was").
- Für Berater heißt das, eine starke Beobachtungsgabe mitzubringen, achtsam und resonanzfähig mit der Umwelt zu sein, Irritationen tolerieren zu können, Widersprüche und Unsicherheit auszuhalten, eine hohe Flexibilität und Anpassungsfähigkeit zu entwickeln und offen zu bleiben für Neues, Überraschendes.
Ich empfehle dazu die „Theorie-Happen“ zum Thema Organisation und bin gespannt auf Teil 2 der Fortbildung, in der die systemtheoretischen Grundlagen in Beratungsansätze übertragen werden.